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Wenn die Pistolen knallen – High Fantasy im 19. Jahrhundert oder später

Autorenbild: Kornelia SchmidKornelia Schmid

High Fantasy spielt meistens im Mittelalter. Oder doch nicht? Inzwischen gibt es viele Romane, die spätere Epochen in den Fokus nehmen. Dadurch werden urbane Settings populärer und auch technologische Errungenschaften halten Einzug in die Welten. Hier stelle ich ein paar Beispiele vor.


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Ist das überhaupt noch High Fantasy? Ist das Steampunk? Silkpunk? Urban Fantasy? Die Fragen sind berechtigt. Die Genregrenzen sind unscharf. Das hat damit zu tun, dass bei derartigen Einordnungen oft nicht tatsächliche Strömungen benannt werden, sondern ein bestimmtes Schlagwort aus Marketinggründen geprägt wurde. Und so ist es gar nicht so einfach zu bestimmen, geschweige denn herrscht darüber Einigkeit, was nun genau welchem Genre zuzuordnen ist.


Ich mache es mir einfach: Ich stelle euch einfach Bücher vor, die in einer erdachten Welt spielen, ohne dabei aber die Gegenwart oder die Zukunft zu erreichen. Immer spielt in den Romanen auch Magie eine Rolle. Und solange die Technik nicht zu sehr im Vordergrund steht, ist es vielleicht auch noch kein "Punk" (vielleicht aber doch).


19. Jahrhundert


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Joe Abercrombies "Klingen-Romane" spielen, obwohl die aktuellen Cover das anders andeuten, nicht im Mittelalter. Während die Trilogie "Kriegsklingen", "Feuerklingen" und "Königsklingen" vielleicht noch im 18. Jahrhundert spielen könnte (das lassen jedenfalls die Uniformen und Degenkämpfe vermuten – die Nordmänner sind technologisch jedoch sicher weniger weit fortgeschritten), geht es ab "Zauberklingen" Richtung 19. Jahrhundert. Egal, ob wir uns am Ende noch eher im 18. oder schon später befinden, klar ist: Diese Welt steht an der Schwelle zur Industrialisierung. Überall werden Fabriken errichtet und auch die Revolution ist nahe. Abercrombies Romane sind düster und zeichnen sich durch komplexe Charaktere aus, wenngleich in meinen Augen die Trilogie "Zauberklingen" und Folgebände etwas schwächer als die früheren Romane ausgefallen ist.


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"Das Lied der Krähen" von Leigh Bardugo spielt in einer Hafenstadt, genauer genommen in ihrem Ghetto. Hier konkurrieren verschiedene kriminelle Gangs um die Vorherrschaft, unter anderem die "Krähen". Das Setting ist also urban und auch Pistolen kommen zum Einsatz – wir dürften uns also im 19. Jahrhundert befinden. Die sechs Protagonist:innen dieser Gangsterbande sind interessant ausgestaltet. Man muss dabei aber vielleicht darüber hinwegblicken, dass sie mit 16 Jahren auch sehr jung sind – und so schleichen sich ein paar typische Young-Adult-Elemente in den Romanplot (und vielleicht auch ein paar Logikschwächen). Wer damit kein Problem hat, findet hier ein unterhaltsames Buch.


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Die "Powder-Mage-Chroniken" Brian McClellans sind von der Französischen Revolution inspiriert. Die Anschlusstrilogie "Die Götter von Blut und Pulver" spielt dann noch einmal etwas später, hier dürften wir uns dann in Richtung 19. Jahrhundert bewegt haben. Neben den Pistolen geht es hier auch um Geheimdienstagenten, um Presse, um Aufstände inmitten einer Stadt und ihrem Ghetto. Und natürlich geht es auch (der Titel lässt es vermuten) um Götter. Eingebettet ist das Ganze in eine Welt, in der Schießpulver magisch ist und Militär eine große Rolle spielt. Auch ohne Kenntnis der ersten Trilogie sind die drei Bücher gut lesbar.




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Die "Nebelgeborenen-Romane" Brandon Sandersons spielen in unterschiedlichen Zeitepochen. Während die erste Trilogie noch in der Frühen Neuzeit angesiedelt war, weist die zweite klar aufs 19. Jahrhundert hin. Auch hier gibt es Pistolen genauso wie Züge. Das Umfeld ist urban, erinnert zwischenzeitlich aber auch an ein Western-Setting. Wer die erste Trilogie gelesen hat, wird erkennen, wie sich eine Welt weiterentwickelt hat und auch, dass das Magiesystem in einer neuen Epoche neue Facetten hinzugewinnen kann. Wer die erste Trilogie nicht kennt, bekommt hier trotzdem eine spannende und unabhängig verständliche Geschichte, die originall und unterhaltsam ist.



Jahrhundertwende (Ende 1800 bis Anfang 1900)


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Robert Jackson Bennetts "Die Stadt der tausend Treppen" spielt in einer Welt, die mindestens am Ende des 19. Jahrhunderts angekommen ist. Das lassen zumindest die gesellschaftlichen Strukturen und Errungenschaften wie das Telegramm, Züge, Scheinwerfer und Autos vermuten. In der Stadt, in der die Romanhandlung stattfindet, ist Magie weitgehend aus dem Alltag verschwunden, sie spukt jedoch noch geheimnisvoll herum. Es geht also um die Moderne vs. die Vergangenheit, mit einer Portion Kolonialismus, Herrschaftskritik, Intrigen und Morden. Der Roman ist komplex, aber unterhaltsam. Die beiden Folgebände "Die Stadt der Klingen" und "Die Stadt der träumenden Kinder" sind abgeschlossene Geschichten in derselben Welt und mit einigen bekannten Figuren.


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Eleanor Bardilacs "Knochenblumen welken nicht" zeichnet ein Setting, das am Ende des 19. Jahrhunderts zu verorten ist. Es existieren bereits Grammophone und auch die Elektrifizierung hat bereits in die Welt Einzug gehalten, jedoch nicht breitflächig. In dieser Zeit werden außerdem magiegabte Personen – eine Fähigkeit, die in bestimmten Regionen gesellschaftlich verpönt ist – mit Medikamenten ruhiggestellt, um zu vertuschen, was sie sind und dadurch den Status ihrer Familie nicht zu gefährden. Die Protagonistin bewegt sich als Betroffene natürlich genau in diesem Feld und muss lernen, ihre Magie zu verstehen und zu beherrschen und sich mit den gesellschaftlichen Strukturen auseinandersetzen. Dabei schlägt der Roman eher ruhigere Töne an – wer rasante Action sucht, ist hier wahrscheinlich falsch.


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Schwierig einzuordnen ist Rebecca F. Kuangs Trilogie "Im Zeichen der Mohnblume". Die Handlung ist stark von der chinesischen Geschichte inspiriert. Dabei fließen Elemente aus der Zeit der Mohnkriege (19. Jahrhundert) mit Ereignissen aus dem Zweiten Weltkrieg zusammen. Hinzu kommt, dass die Welt, in der die Protagonistin Rin aufwächst, technologisch noch nicht so weit fortgeschritten ist wie der Westen. Und so treffen hier Altes und Neues aufeinander, Schwerter auf Gewehre. In die Welt halten Luftschiffe und Straßenbahnen Einzug, auch Elektrizität scheint es bereits zu geben. Autos und Flugzeuge sind noch nicht erfunden, die Medizin hingegen ist fortgeschritten und schafft es, den Pesterreger zu isolieren oder Senfgas zu erzeugen. Und so schiebe ich die Reihe nun als Kompromisslösung einfach in den Abschnitt "Jahrhundertwende", auch wenn das Setting mehrfach wechselt. Wer sich für die Bücher interessiert, sollte wissen, dass sie sich ausführlich mit Militärstrategie und Krieg beschäftigen und dabei auch die dunkelsten Seiten mit ihrer ungeschönten Brualität zeigen.


20. Jahrhundert


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"Jade City" von Fonda Lee spielt in einem Mafia-Setting. Das gehört dann analog zu der realen Geschichte auch ins 20. Jahrhundert: Hier gibt es Industrie, Autos und Fernsehen. Es gibt außerdem Magie, die von Jadesteinen an Begabte verliehen wird. Eine neue Droge gemeinsam mit der vorangeschrittenen Industrialisierung und Globalisierung könnte die Gesellschaftsordnung auf den Kopf stellen. Hier geht es genau um diese Dynamiken – gemeinsam mit Intrigen, Fehden, Kämpfen und Morden. Und das – bei der Bedeutung von Jade muss es ja so sein – in asiatischem Flair. Damit bietet die Reihe auf jeden Fall einen spannenden Mix, wenngleich mit ein paar Längen.

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