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Sprechen als Konflikt – Gute Dialoge schreiben

Aktualisiert: 12. Juni

Wie wir im echten Leben sprechen, so sprechen auch unsere Romanfiguren. Oder? Weit gefehlt. Der perfekte Dialog in einem Roman bildet nicht die Realität ab. Stattdessen erzeugt er Konflikte, verleiht den Figuren Persönlichkeit, treibt die Handlung voran. Hier zeige ich euch, worauf es ankommt.


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Gute Dialoge schreibt man nicht anders als allgemein spannende Texte. Wer die Techniken, wie man Spannung erzeugt, beherrscht, hat deshalb bereits eine wichtige Voraussetzung geschaffen, um auch spannende Dialoge zu schreiben. Natürlich gibt es bei Dialogen aber paar Besonderheiten, die man beachten sollte.


Inhalt



Charaktere entwickeln als Grundlage


Dialoge nur für sich zu betrachten, dürfte gerade bei längeren Texten selten sinnvoll sein (bei Kurzgeschichten ist das etwas anderes). Denn jedes Wort kommt schließlich aus dem Mund einer Person und es sollte plausibel sein, dass gerade diese Person so spricht. Bevor wir also über Dialoge reden, sollten wir uns mit den Figuren beschäftigen. Wie ihr Charaktere entwickeln könnt, habe ich hier vorgestellt: https://www.kornelia-schmid.de/post/fiktive-charaktere-entwickeln.


Simple Charakterbögen mit Eigenschaften und Backgroundstorys sind eher hinderlich als hilfreich, den sie vereinfachen zu sehr und bilden keine Zusammenhänge ab. Wichtig ist, Charaktere in ihrer ganzen Komplexität zu betrachten: Menschen sind widersprüchlich – Romanfiguren sollten es auch sein. Eine Autor:in muss deswegen nicht nur die Motivationen kennen, die den Figuren selbst bewusst sind, sondern auch die verborgenen. Recherche im Bereich Psychologie ist unbedingt hilfreich, Beobachtung und Reflexion im Alltag auch.


Klingen Dialoge hölzern, hat das meistens den Grund, dass auch die Figuren hölzern sind. Sie sind Schablonen, definieren sich in erster Linie über ihre äußeren Attribute und einige Eigenschaften, die ihnen ihre Schöpfer:in zugedacht hat. Doch solche Charaktere sind nicht individuell und schon gar nicht sind sie lebendig. Wie soll dann ein lebendiger Text aus ihren Mündern kommen?


Ich selbst verwende bei meinen Romanen sehr viel Zeit auf die Ausgestaltung der Figuren – und sehr wenig auf die Konzeption von Dialogen. Meine Erfahrung ist: Wenn ich komplett in den Figuren drin bin, wenn sie in mir lebendig werden, wenn ich ihre Stimmen höre, dann schreiben sich auch Dialoge fast von selbst. Denn dann muss ich nicht darüber nachdenken, was jemand sagen würde oder wo der Konflikt zwischen den Figuren ist. Das Erste ist sowieso klar, das Zweite ergibt sich ganz von selbst. Apropos Konflikt:


Konflikte durch Dialoge erzeugen


Wie gesagt: Interessante Figuren mit Ecken und Kanten treten fast automatisch in Konflikt miteinander. Dazu gleich mehr. Als erstes ist es wichtig zu verstehen, dass gute Dialoge selten der Vermittlung von Informationen dienen (dann wären sie im schlimmsten Fall nur Infodumps).


"Infodumps" sind Textstellen, die keinerlei Handlung oder Entwicklung transportieren, sondern lediglich Informationen auflisten. In solchen Abschnitten fehlt die Dynamik – sie lesen sich wie ein trockener Lexikonartikel oder eine Powerpoint-Präsentation. Autor:innen sollten sie deshalb vermeiden und die Informationen auf andere Art und Weise ein den Text einbringen (und zwar nicht durch Dialoge!). Das kann geschehen, indem man beispielsweise die Figuren ihre Hintergrundgeschichten nicht erzählen lässt, sondern sie durch konkrete Handlungen oder Begegnungen sichtbar macht. Außerdem gilt sowieso immer: Weniger ist mehr. Denn: Müssen die Leser:innen überhaupt alles so genau wissen? Vielleicht reicht eine Andeutung und ihre Fantasie erledigt den Rest.


Gute Dialoge tragen also zur Handlung bei – indem sie Konflikte erschaffen. (Ja, ich wiederhole mich, aber so etwas Wichtiges darf man ruhig auch öfter sagen, finde ich.) Konflikte sind nämlich ein Element, um in Texten Spannung zu erzeugen. Mehr dazu lest ihr auch hier: https://www.kornelia-schmid.de/post/spannung-in-romanen-erzeugen.


Schaffen Autor:innen es, Empathie zu ihren Figuren zu wecken, fiebern die Leser:innen mit diesen mit. Geraten die Charaktere in Schwierigkeiten, also in konfliktreiche Situationen (und dabei ist es egal, um es sich um einen Konflikt ziwschen den Figuren, mit der Umwelt oder auch mit sich selbst handelt), fiebern die Leser:innen einer Lösung entgegen. Der Weg zu ebenjener ist also spannend. Scheitern gehört natürlich dazu – so bleibt die Spannung länger erhalten. Denn nichts ist dröger als Figuren, denen immer alles auf Anhieb gelingt, die immer gewinnen.


In der Realität sollten sich Menschen bemühen, freundlich und respektvoll miteinander umzugehen. In der Fiktion ist freundliche und respektvolle Kommunikation sterbenslangweilig. Ich mache mal ein Beispiel:


"Guten Morgen!"

"Ich wünsche dir auch einen schönen guten Morgen."

"Möchtest du eine Tasse Kaffee?"

"Sehr gerne. Aber steh nicht extra auf dafür. Ich mache uns beiden eine Kanne."

"Das ist sehr nett von dir."


Seid ihr noch dabei? Alle, die nach diesen fünf Zeilen abgeschaltet haben, verstehe ich vollkommen. Denn dieser Dialog ist nichts weiter als belangloses Alltagsgeschwätz, das nichts über die Figuren aussagt, außer vielleicht, dass sie sich leiden können und schön nett zueinander sind. Wir hören so etwas ständig. Aber wollen wir es deswegen lesen? Klares Nein! Viel spannender ist es doch, wenn unterschiedliche Bedürfnisse aufeinanderprallen, versteckte Motivationen sichtbar werden, Zuneigung oder Abneigung entsteht, wunde Punkte ans Licht kommen ...


Ein Beispiel aus meinem Debütroman "Das Licht aus dem Nebel":


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Skarta räusperte sich. „Wenn Ihr gestattet, würde ich mich gerne einen Moment entfernen, um ...“

„Zum Pinkeln oder was?“ Kahragon zuckte mit den Schultern. „In Ordnung, schließlich bin ich kein Unmensch. Ich komme mit.“

Skarta starrte ihn an. „Das kann nicht Euer Ernst sein.“

„Ich bin immer ernst.“ Kahragon grinste. „Also vorwärts. Wir sind hier nicht so zimperlich wie in Kraburg.“

„Die kraburgische Zimperlichkeit ist ein kostbares Gut“, murmelte Skarta und stieg über einige Sträucher hinweg. Die Äste kratzten an ihren Knöcheln. 

„Macht ist ein kostbares Gut“, sagte Kahragon hinter ihr. „Aber jemand, dem von klein auf der Hintern gepudert wird, weiß das wohl nicht zu schätzen.“

Nachdem er ihr Gesicht nicht sehen konnte, gestattete sie sich ein Augenrollen. „Ich wurde genauso wenig adelig geboren wie Ihr.“

„Ach nein?“ Kahragons Stimme klang ehrlich erstaunt. „Na dann erzähl mal.“


Nun, in dieser Textpassage hat Skarta offenbar andere Vorstellungen von angemessenem Verhalten als Eron Kahragon. Ihre Kommunikationsstrategie ist komplett unterschiedlich, auch ihr Vokabular. Wir sehen außerdem, dass Skarta Eron mit "Ihr" anspricht, er sie umgekehrt aber mit "Du". Darin verbirgt sich ein Machtgefälle, das der Dialog ebenfalls sichtbar macht. Gegenseitige Unterstellungen verschärfen die Dynamik. Oder kurz: Konflikt, Konflikt, Konflikt.


Vielleicht werfen wir auch einen Blick auf den folgenden Roman "Das Licht im Sand". Dieser Dialog findet zwischen zwei eigentlich gleichberechtigten Herrschern statt:


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„Seid Ihr zu einem Entschluss gekommen, was meinen Vorschlag betrifft?“, fragte Merto.

„Ihr habt eine Reihe unverschämter Vorschläge gemacht“, sagte Aristedes.

„Bei Eurem Ruf bin ich davon ausgegangen, dass Ihr mangelndes Taktgefühl abkönntet. Sollte ich Eure Gefühle verletzt haben, entschuldige ich mich jedoch“, sagte Merto.

„Oh, ich würde Euch nicht die Gelegenheit rauben, das zu tun, worin Ihr am besten seid. Also, nur zu“, erwiderte der Kaiser.


Merto startet mit einer höflichen Phrase – Rako Aristedes hat jedoch offensichtlich kein Interesse daran, höflich zu sein und schmettert sie ab, mit einer beleidigenden Unterstellung. Merto ändert daraufhin ebenfalls seine Kommunikationsstrategie und kontert, indem er Rako übertriebene Emotionalität unterstellt und ihn dadurch als wenig ernstzunehmender Verhandlungspartner einordnet. Rako lässt das nicht auf sich sitzen und unterstellt Merto seinerseits Unterwürfigkeit. Das kann nun noch ein Weilchen so weitergehen – mit jeder Stufe gehen sich die beiden mehr an die Kehle.


In beiden Beispielen gehen die Figuren also alles andere als nett miteinander um. Aber genau das macht die Textstellen auch interessant und lädt dazu ein, sich mit den Charakteren und der Handlung weiter auseinanderzusetzen.


In Dialogen Erwartungen brechen


Wir halten also (noch einmal) fest: Konflikte treiben die Handlung voran. Doch (und das ist die gute Nachricht) auch ohne Eskaltion gibt es Möglichkeiten, einen Dialog für die Leser:innen interessant zu gestalten. Um gute Dialoge zu schreiben, müsst ihr also nicht permanent die Fetzen fliegen lassen. Natürlich dürfen sich die Figuren auch mal gut verstehen und sogar freundlich zueinander sein (aber bitte nicht zu freundlich). Eine Methode, nicht-konfliktgeladene Dialoge spannend zu gestalten ist, in ihnen mit den Erwartungen der Leser:innen zu spielen und sie zu brechen:


Leser:innen haben immer bestimmte Erwartungen an die Romanhandlung bzw. den Verlauf einzelner Szenen oder die Auflösung von Geheimnissen. Häufig ist ein guter Ausgang des Konflikts eine solche Erwartung. Wenn das, was man glaubt, dass eintreffen muss, aber dann auch tatsächlich eintrifft und das immer wieder, wo ist dann noch die Spannung? Dann muss man den Text nicht mehr weiterlesen, um zu wissen, wie er ausgeht. Es wird langweilig. Autor:innen sollten sich deshalb bemühen, eben nicht immer den naheliegendsten Weg zu gehen, sondern die Erwartungen der Leser:innen brechen. Passiert etwas Unerwartetetes ist das im besten Fall Überraschung oder sogar Schock – die Leser:innen sind also emotional voll mit dabei und werden in so einer Situation das Buch ganz bestimmt nicht weglegen.


Erwartungen zu brechen heißt nicht, dass es immer krasse Wendungen geben muss. Es darf und soll sie natürlich hin und wieder geben, aber das Prinzip funktioniert auch im Kleinen. Ein weiteres Beispiel aus "Das Licht aus dem Nebel":


Skarta räusperte sich. „Ich verstehe natürlich, dass Euch die Reise zu sehr erschöpft hat, um jetzt zu verhandeln, aber –“


Was würden wir erwarten, dass der König darauf sagt? Wahrscheinlich so etwas wie: "Das war sie in der Tat. Verschieben wir die Verhandlung auf später." Was sagt er stattdessen:


„Halt die Klappe“, sagte der König.

Skarta presste die Lippen aufeinander und stellte sich vor, wie er sich an die Kehle fasste, würgte und langsam erstickte. Qualvoll und wohltuend – für sie.

„Hier wären wir.“ Er öffnete eine Tür.

Zögerlich spähte Skarta hinein. Die Leere des Raumes war erschlagend. Kein Bett. Nicht einmal eine Matte. „Das kann nicht Euer Ernst sein“, murmelte sie.


Was würden wir erwarten? "Doch, das ist mein Ernst." Oder so etwas wie: "Das hast du dir selbst zuzuschreiben." Jedenfalls irgendeine Form von Bekräftigung oder Rechtfertigung.


Kahragon grinste. „Gefällt’s dir nicht?“


Was könnte Skarta nun sagen? "Nein, es gefällt mir ganz und gar nicht." Aber das können sich die Leser:innen ja sowieso denken. Sie muss es nicht extra aussprechen. Was sagt sie also stattdessen:


„Und wenn ich ...“, Skarta senkte die Stimme, „mal muss?“

Er zuckte mit den Schultern. „Dann suchst du dir die Ecke aus, die dir am besten dafür geeignet erscheint.“

Zornig funkelte sie ihn an. „Macht es Euch Spaß, mich zu quälen?“


Was würde man normalerweise darauf sagen? "Aber nicht doch. Das ist keineswegs meine Absicht." Oder: "Es tut mir leid, dass du das so empfindest." Auf jeden Fall also ein Widerlegen dieser Unterstellung – schließlich will doch niemand der Bösewicht sein, oder? Eron tickt da aber anders:


Sein Grinsen wurde breiter. „Ein wenig. Dabei bin ich nicht einmal richtig in Fahrt gekommen, was das betrifft.“

Skarta schnaubte. „Worte sind leicht gesprochen, für jemanden, der noch nie selbst hinter einer solchen Tür eingesperrt war.“


Natürlich könnte er sagen: "Doch, ich weiß sehr genau, wie sich das anfühlt." Oder: "Es sind nicht nur Worte. Ich kenne mich besser aus, als du denkst." Damit würde er jedenfalls die Unterstellung abwehren. Stattdessen gibt er eine Retourkutsche:


„Das erklärt, warum du so viel quatscht.“


Dass die Erwartungen, die Leser:innen an eine bestimmte Kommunikation haben, eben nicht erfüllt werden, dass Konventionen gebrochen werden, erzeugt oft außerdem Komik. Und das ist ein weiteres Argument, warum man diese Technik unbedingt ausprobieren sollte.


Anspielungen in Dialogen


Wenn in "Das Licht aus dem Nebel" Eron und Lorror das erste Mal richtig aufeinandertreffen, wird schnell klar, dass es zwischen den beiden eine Vorgeschichte gibt. Die erfahren die Leser:innen jedoch nicht (ja, das ist gemein, ich weiß). Einerseits entsteht so ein Interpretationsspielraum, der die Leser:innen selbst aktiv werden lässt, indem sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen und selbst zu interpretieren beginnen. Anderseits können sie hoffen, dass es im Laufe des Romans noch die konkreten Antworten gibt, die sie haben wollen – die Spannung bleibt also über den weiteren Handlungverlauf erhalten. Es gilt (und das drucke ich hier fett und rot, weil es extrem wichtig ist!):


Das, was nicht gesagt wird, ist spannender als das, was gesagt wird.


Zum Text:


„Blauer Bart“, bemerkte Eron. „Du hängst wirklich an Bewährtem, nicht wahr? Oder ist es so, dass Bewährtes an dir hängt?“

„Oh, ich habe die Rezeptur meiner Farbe verbessert. Streiche sie mir jetzt auch in die Haare.“ Tatsächlich wirkten die Strähnen inmitten des Graus unwahrscheinlich farbenfroh. Ansonsten trug er eine Art Mantel, diesmal in giftgrün und schlammverkrustete Stiefel, die ihm bis zu den Knien reichten. Kein Metall, nur einen einfachen Dolch am Gürtel, dessen Griff rostig aussah. „Und du, immer noch die alte Rüstung?“

„Ein wenig aufpoliert“, räumte Eron ein und klopfte sich auf den schwarzen Brustpanzer. Tatsächlich hatte ihm die Rüstung gute Dienste in der Vergangenheit geleistet. Und damit meinte er nicht die Schlacht um Flusswacht.

Lorror lächelte. „Macht unbeweglich, sowas.“

„Ach, meinst du? Unsere Schmiede sind professionell. Regeln mit Magie das Gewicht, die Biegsamkeit und so ...“

„Warum trägst du dann das alte Teil?“

„Auch alte Teile können manchmal nützlich sein. Das solltest du doch am besten wissen.“

„Schön gesagt.“ Lorror prostete ihm zu.


Was hat es mit dem blauen Bart auf sich? Was mit der alten Rüstung? Und überhaupt: Woher kennen sich die beiden? Woher kommt dieser vertraute Umgangston?


An dieser Stelle kann man festhalten, dass gute Dialoge zu schreiben im Grunde ist wie spannende Romane zu schreiben – nur eben in Miniaturform. Viele der Mittel der Erzeugung von Spannung (Konflikte, Erwartungen brechen, Anspielungen) funktionieren auch bei einzelnen Szenen und sogar bei einzelnen Sprechzeilen. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Dialoge pointiert sind.


Kurz und knapp: Überflüssiges aus Dialogen streichen


Apropos Spannung: Je mehr Wörter oder Seiten Leser:innen lesen müssen, um bestimmte Schlüsse ziehen zu können, desto schwieriger ist es, sie bei Laune zu halten. Denn lange und komplizierte Texte sind anstrengend – und das umso mehr, wenn sie wenig aussagen. Es funktioniert sehr viel besser, mit möglichst wenig Worten möglichst viel zu transportieren – dann lesen sich Texte flott weg. Das gilt für Texte im Ganzen genauso wie für einzelne Dialogzeilen.


Stellen wir uns also vor, zwei Figuren begegnen sich das erste Mal. Braucht es dann wirklich eine Begrüßung, eine Vorstellung, eine Schilderung des Anliegens? Oder können wir das Ganze nicht einfach auch kurz anreißen? Hier ein Beispiel aus meinem Einzelband "Die Stimme im Licht":


Dialog Inquits Inquitformeln Synonyme Synonym sagte fragte antwortete Dialog schreiben

„Nun, also …“ Er räusperte sich. „Ich, Saso Nebelläufer, fordere hiermit -“

„Du bist der Kahragon?“, unterbrach ihn Haudrauf.

„Ähm ja, so nennen sie mich“, sagte Saso.

Haudrauf pfiff anerkennend. „Und, bist du wirklich durch die Nebel gelaufen?“

Saso zuckte mit den Schultern. „Gegangen, gelaufen, um mein Leben gerannt … was auch immer.“

Haudrauf legte den Kopf schief. „Und, was hast du dort gesehen?“

Saso hob die Schultern. „Na Nebel.“

„Und sonst?“

„Man sieht nichts im Nebel.“ Saso lächelte seinen Kontrahenten an, als wäre er ein Kind, das die Welt nicht versteht.

Haudrauf spuckte auf den Boden. „Hat sich also nicht gelohnt.“

Lohnt sich nicht alles im Leben? Außer vielleicht ein Kampf mit Wotto Haudrauf … aber sonst …

„Na ja, ich habe einen ausgefallenen Namen bekommen.“ Saso grinste kurz.

Haudrauf nickte heftig. „Stimmt. Gut gemacht.“


Was auffallen kann: Sogenannte Füllwörter habe ich nicht herausgekürzt. Natürlich könnte man das tun, aber in der gesprochenen Sprache vermitteln sie oft, in welchem Ton die Unterhaltung wird oder wie sich die Figuren dabei fühlen (z. B. weil bestimmte Wörter wie "Ähm" Zweifel oder Unsicherheit ausdrücken) und können deswegen sinnvoll sein. Was allerdings gekürzt wurde, sind Höflichkeitsfloskeln oder auch Satzteile. Was genau Saso beispielsweise fordert, ist irrelevant bzw. geht aus dem Text ohnehin hervor. Es muss also nicht noch einmal ausgesprochen werden. Auch, was sich genau in den Nebeln ereignet hat, muss an dieser Stelle nicht ausgeführt werden. Interessant ist außerdem, was Saso nicht sagt: Was er tatsächlich in den Nebeln gesehen hat. Das ist ein Rätsel, das die Leser:innen im Laufe des Romans lösen werden. Denn Rätsel sind spannend. Anspielungen sind also auch immer eine Form der bewussten Verknappung.


Übrigens: Beim Kürzen sollte man auch die Inquitformeln nicht vergessen. Sehr oft sind sie überflüssig und können deshalb gestrichen werden.


Inquitformeln sind Ausdrücke, die eine Dialogzeile einer bestimmten Sprecher:in zuorden wie beispielsweise "sagte er." Sie stehen immer nach einem Komma. Oft können sie vermieden werden, indem die Dialogzeile der Sprecher:in anderweitig angegliedert wird (z. B. durch darauffolgende Sätze wie "Er räusperte sich"). Bei besonders langen Dialogen ist es oft sinnvoll, Inquitformeln sparsam dosiert anzubringen, um keine Verwirrung aufkommen zu lassen. Aber: Abwechslung ist hier nicht erwünscht. Steht nach jedem Satz "sagte" zählt das nicht als Wortwiederholung, weil Leser:innen das Wort ohnehin überlesen. Verwendet man hier zig verschiedene Ausdrücke ("erwiderte", "antwortete", "bekannte", "erklärte", "erläuterte" usw.) kann das schnell zu Irritation führen, weil die vermeintlichen Synonyme überhaupt erst Aufmerksamkeit auf die Formel lenken. Sie, wo immer es möglich ist, wegzulassen, ist sicherlich die beste Lösung.


Dialog-Ping Pong spielen


In den Beispielen könnte es schon aufgefallen sein: Keine der sprechenden Figuren hat wirklich einen langen Sprechblock. Im Gegenteil sagen sie in der Regel nur einen Satz, höchstens zwei (oder zweieinhalb). Dadurch bleiben die Dialoge immer dynamisch. Diese Methode erzeugt Tempo und sorgt damit dafür, dass Leser:innen flott durch die Seiten fliegen.


Einen Haken gibt es natürlich doch: Ist wirklich jeder Dialog so aufgebaut (ihr könnt das übrigens in den typischen Hollywoodfilmen beobachten, achtet einmal darauf), kann das ganze nach einer Weile natürlich auch ermüdend wirken. Fairerweise werden es die meisten Leser:innen wahrscheinlich nicht bemerken. Manche aber vielleicht doch. Hier gilt also, was immer gilt: Ein derartiges Schema funktioniert und ist nützlich – wollt ihr allerdings nicht zu schematisch schreiben, denkt bei jeder Verwendung genau darüber nach und wendet euch auch hin und wieder einmal davon ab.


Bonus: Individuelle Sprache einzelner Charaktere


Jede Figur ihre eigene individuelle Note beim Sprechen zu geben, ist kein Muss, um die Romanhandlung voranzutreiben und Spannung zu erzeugen. Aber natürlich ist es ein schöner Bonus, die Figuren dadurch zu charakterisieren, dass sie unterschiedliche Vokabeln und Satzkonstruktionen verwenden. Mein Paradebeispiel Eron Kahragon durfte das hier schon ein paarmal vorführen. Denn Skarta würde Ausdrücke wie "Pinkeln" oder "Hintern pudern" selbstverständlich nicht in den Mund nehmen – ganz im Gegensatz zum König von Sasberg.


Und damit ist nun viel gesagt über Dialoge und wie man sie schreibt. Manche lieben sie, manche hassen sie. Ich hoffe, ich konnte zumindest letzteren einen Fahrplan mit an die Hand geben, worauf es ankommt.



Anhang: Zeichensetzung beim Dialog


Kommaprofis können hier aufhören zu lesen. Für alle, die sich unsicher sind, wie sie bei Dialogen Zeichen setzen, noch ein Extra-Service zum Schluss.


  1. Dialoge ("wörtliche Rede") stehen in der Regel in Anführungszeichen ("Gänsefüßchen")

  2. Das Komma kommt immer nach den Anführungszeichen: "Hallo", sagte sie.

  3. Nach der Inquitformel kann sowohl ein Punkt als auch ein Komma stehen. Das hängt davon ab, ob der Satz in der wörtlichen Rede schon vollständig ist oder noch weitergeht: "Du hast schon gegessen", sagte sie. Oder: "Ich wollte wissen", sagte sie, "ob du schon gegessen hast."

  4. Kommt nach der wörtlichen Rede eine Inquitformel wird der Punkt erst am Ende von dieser gesetzt. Kommt keine Inquitformel, gehört der Punkt ans Ende der wörtlichen Rede, vor die Anführungszeichen: "Es hat mir geschmeckt", sagte sie. Oder: "Es war ekelhaft." Sie schauderte.

  5. Auch, wenn der Satz unvollständig ist, gehört ans Ende der Inquitformel ein Punkt: "Also, ich glaube ...", sagte sie.

  6. Ein Fragezeichen oder Ausrufezeichen steht innerhalb der wörtlichen Rede. Nach der Inqutiformel kommt trotzdem ein Punkt: "Wie kann man nur so schlecht kochen?", fragte sie. Auch bei dieser Varinte sind Auslassungszeichen möglich: "Wie kann man nur ...?", fragte sie.

  7. Wird die Inquitformel vor den Dialog gezogen, kommt nach ihr ein Doppelpunkt und der Punkt befindet sich in der wörtlichen Rede: Sie sagte: "Ich weiß nicht, wie es weitergeht."

  8. Werden Gedanken ausformuliert, werden die Anführungszeichen oft weggelassen. Die Zeichensetzung bleibt dabei die der wörtlichen Rede: Ich werde nun gehen, dachte sie. Oft wird Kursivdruck für den gedachten Abschnitt verwendet.



2 Comments


Hallo,

heutzutage ist Gendern irgendwie "in". Ob es richtig ist oder nicht sollte jeder für sich bewerten. Die Begriffe, die wir im Duden finden, haben ein Geschlecht erhalten, irgendwann einmal. In wie weit das Gut oder Schlecht ist, mag ich ebenfalls nur für mich bewerten. Ich gebe zu, dass mich das Lesen von gegenderten Texten sehr ablenkt und stört. Ich bin froh, wenn ich ein Buch lese, dass ohne Gender-Sternchen auskommt (oder jede andere Variante). Das würde mir schnell den Spaß verderben.

Gruß

Nils

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Kornelia Schmid
Kornelia Schmid
vor 7 Tagen
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Hallo Nils,


tatsächlich mag ich die gegenderten Formen auch nicht sonderlich gerne, aber leider gibt es in meinen Augen im Moment nicht wirklich bessere Lösungen. Ich sehe sie deswegen als eine Art Übergangsvariante, die für die Thematik sensibilisieren kann, und dadurch irgendwann hoffentlich den Weg bereitet für besser lesbare Formen. Sprachwandel passiert ständig und ist niemals abgeschlossen.


Ich denke, solche Schreibweisen sind sicher auch Gewöhnungssache. Mir fallen sie in Artikeln tatsächlich gar nicht mehr auf. In fiktionalen Texten würde ich sie allerdings auch nicht verwenden, weil sie Wörter länger machen und beim literarischen Schreiben kurz in der Regel besser funktioniert als lang.


Ich bin gespannt, was die Zukunft da bringen wird: ob sich x- oder y-Endungen etablieren, ob wir vielleicht…


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