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KI in Büchern? – Wann sind Bild- oder Textgeneratoren gefährlich?

  • Autorenbild: Kornelia Schmid
    Kornelia Schmid
  • 4. Mai
  • 8 Min. Lesezeit

Sind KI-Werke Kunst? Ist alles nur geklaut? Und werden uns derartige Programme bald verdrängen? Oder anders gesagt: Was sind kreative Leistungen in Zeiten von KI-Programmen noch wert? Derartige Fragen erhitzen die Gemüter und sorgen vor allem für eines: Angst. Zu unrecht, wie ich finde.


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Dieses Bild hier wurde von dem Bildgenerator Playground erstellt. Und ich finde, es ist doch ganz nett geworden. Jedenfalls braucht man sich nicht schämen, ein Bild in einer derartigen Qualität zu posten. Seit es entsprechende Generatoren gibt, kursieren deutlich weniger amateurhafte Collagen (an denen ich mich selbst auch schon probiert habe – und meine Ergebnisse waren genauso stümperhaft wie zu erwarten war). Wenn nun also jeder mit ein paar Klicks ein solches Bild erstellen kann, braucht es dann noch Künstler:innen? Ein klares Ja. Denn das Bildchen, so nett es auch ist, ist einfach nur das: ein Bildchen. Als Illustration meines Blogs ist es bestens geeignet. Aber das macht es noch lange nicht zu Kunst.


Wo ist das Konzept?


"Künstliche Intelligenz" ist ein Begriff, der sich inzwischen etabliert hat, aber zurecht kritisiert wird. Denn diese Programme sind alles, aber nicht intelligent. Sie erkennen Muster und können diese imitieren – ohne Sinn und Verstand. Das zu verstehen ist wichtig, um den Diskurs rund um KI (oder auf Englisch AI) zu verstehen. Egal, wie hübsch das Bildchen auf den ersten Blick wirkt: dahinter steckt keinerlei Konzept. Deswegen wird man bei genauerem Betrachten auch seltsame Darstellungen bis hin zu Fehlern finden. Wohin führen überhaupt diese Berge, die beinahe in der Luft zu hängen scheinen? Woher kommen diese Ranken? Und der rote Fleck, was ist das eigentlich? Solange den Programmen das Verständnis für entsprechende Zusammenhänge fehlt, können sie menschliche Leistung nicht ersetzen – zumindest nicht solche, die einem Konzept folgt (was, und das sage ich jetzt zynisch, auch nicht immer selbstverständlich ist).


Eine Frage der Qualität


Wenn KI also nicht mit menschlicher Leistung mithalten kann, warum wird sie dann so gerne genutzt? Nun (und greife ich meinen zynischen Satz von vorhin wieder auf) ist menschliche Leistung ebenfalls nicht immer hochwertig. Auch das, was Menschen schaffen, hat nicht immer Konzept, es ist nicht immer kreativ, es imitiert. Viele Bilder sind ein Abklatsch von Kunst, viele Texte sind nur mäßige Kopien großer Vorbilder. Und wenn es ums Kopieren geht, ist die KI spitze! In der Disziplin des Nachmachens übertrifft sie den Menschen schnell und wo Nachmachen ausreicht, kann sie seinen Platz einnehmen. Oder ich formuliere es anders: Die KI glänzt da, wo es nicht auf Qualität ankommt (wie bei meiner Blogillustration, die nur ein wenig was fürs Auge bieten soll, aber keinen höheren Anspruch verfolgt).


Kann die KI also in Zukunft Buchcover gestalten? Ja – wenn man sich mit minderwertigen Buchcovern zufrieden geben möchte. Denn professionelles Coverdesign leistet wesentlich mehr, als ein schönes Bildchen herauszusuchen und dann mehr schlecht als recht eine Schrift draufzubasteln. Professionelles Design verfolgt ein Konzept, bedenkt Sehgewohnheiten, den Kontext der Darstellung, Zielgruppe und Marketing. Ich betone: professionelles Design. Denn auch jetzt gibt es mehr als genug Hobby-Coverdesigner:innen, die ihre Werke anbieten, ohne dabei entsprechende Überlegungen angestellt zu haben. Und ja: Wer ein wenig geschult ist, erkennt den Unterschied zu den Produkten der Profis. Dabei spielt es keine Rolle, wie gut jemand mit Photoshop umgehen kann. Das heißt konkret: Auf dem Niveau von Hobbydesigner:innen kann auch die KI Buchcover gestalten. Auf dem Niveau von Profis aber nicht.


Genauso funktioniert es auch im Hinblick auf Texterstellung. Wird ChatGPT in Zukunft unsere Bücher schreiben? Ein Textgenerator wird sicherlich Bücher schreiben und zwar solche, die leicht konsumierbar sein sollen und sich sehr streng an den Erwartungen einer bestimmten Zielgruppe orientieren. Das können zum Beispiel Heftromane sein. Das können seichte Romanzen sein. Das können immer gleich ablaufende Krimis oder Thriller sein. Und natürlich können das auch klischeebehaftete Fantasyromane sein. Also all jene Textgattungen, wo ein tieferer Sinn nicht unbedingt vonnöten ist, wo raffinierte Sprachbilder nicht gefordert werden. Jene Textgattungen, die letztlich ein immer neuer Aufguss von ein- und demselben sind. Für diese Texte gibt es eine Zielgruppe. Und das meine ich nicht wertend: Jede:r soll lesen, was sie:er gerne mag, egal, ob das nun tiefschürfend ist oder nicht. Und wer diese Art von Literatur mag, wird sich irgendwann mithilfe von Textgeneratoren Romane generieren lassen können, die genau den eigenen Wünschen entsprechen.


Wer künstlerische Sprachgestaltung, wer Reflexion über gesellschaftliche Prozesse, wer psychologisch tiefgreifende Charakterstudien sucht, wird an den KI-Texten jedoch keine Freude haben. Denn (ich wiederhole mich): KI denkt nicht, zu Reflexion ist sie nicht in der Lage.


Werden durch KI also Künstler:innen arbeitlos? Nein, denn KI raubt in erster Linie denjenigen die Aufträge, die nicht auf Profi-, sondern auf Hobbyniveau unterwegs sind. Profis werden weiterhin die Nachfrage nach Qualität bedienen. Ich denke auch, dass es in Zukunft wichtiger werden wird, unkonventionelle Lösungen zu bieten. Denn wenn KI immer alles gleich macht, gewinnt tatsächliche Kreativität an Wert.


Alles geklaut?


Viele Bild- oder Textgeneratoren (nicht alle), sind dadurch entstanden, dass Bildmaterial ohne Einverständnis der Urheber:innen eingespeist und ausgewertet wurde. Viele nennen diesen Prozess "Diebstahl". Das ist nachvollziehbar – wenn plötzlich jeder mit ein paar Klicks den eigenen Zeichenstil imitieren und damit Geld verdienen kann, klingt das alles andere als fair. Man muss allerdings auch sagen: Bisher ist da nichts passiert, was tatsächlich verboten wäre bzw. gegen das Urheberrecht verstieße. Denn auch Menschen sehen sich berühmte Bilder und Texte an und versuchen sie zu kopieren (sie machen das nur oftmals schlechter als die KI). Auch Menschen pausen mal urheberrechtlich geschützte Bilder durch oder basteln sie zu einer Collage zusammen. In der Regel ist ihr eigener schöpferischer Anteil dabei hoch genug, dass sie das auch dürfen. Auch Menschen lesen Bücher und versuchen hinterhe,r etwas genau in dieser Art zu schreiben, den Stil zu erlernen, die coolen Charaktere zu imitieren. Und auch hier gilt: Solange sie nicht genau dieselben Namen verwenden (das wäre dann Fanfiction) dürfen sie das. Denn sie bringen Eigenleistung ein.


Wenn Menschen kopieren und imitieren, ist das Einverständnis der Urheber:innen als nicht vonnöten. Auch Stile sind bisher nicht geschützt. Festhalten muss man deshalb: Nach aktueller Gesetzeslage ist das Wort "Diebstahl" an dieser Stelle schlichtweg falsch. Text- und Bildgeneratoren tun nichts anderes als Menschen auch, sie machen es lediglich besser und diese Überlegenheit ist letztlich das, was die Gemüter erhitzt.


Aber besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen. Nur weil nach aktueller Rechtslage also alles erlaubt ist, muss das noch lange nicht so bleiben. Denn KI-Programme sind eben keine Menschen und bedürfen deswegen womöglich auch eines anderen Umgangs. Die aktuelle Gesetzeslage hinkt also (wie so oft) den technischen Entwicklungen hinterher. Wir brauchen definitiv Gesetze, was KI in Zukunft darf und inwieweit sie welche Materialien verwenden kann und wie die Urheber:innen dabei zu beteiligen sind. Eine denkbare Lösung wäre sicherlich eine Ausschüttung an Kreative, wie die VG Wort dies im Moment bereits in einem anderen Bereich leistet. Und vielleicht sollte die Möglichkeit, Stile lebender Künstler:innen genau zu kopieren tatsächlich als Funktion aus den Programmen genommen werden. Hinzu kommt:


Das Missbrauchspotenzial ist hoch


Den eigenen Schwarm in einer anzüglichen Pose sehen? Nackt? Oder am besten gleich in einem erotischen Video? Entsprechendes Material zu fälschen, war auch bisher schon möglich – jedoch nur mit einem gewissen Know-how und entsprechendem Aufwand. Mit KI-Programmen kann nun aber nicht nur jeder Promi, sondern auch einfach mal die Nachbarin so dargestellt werden – ohne Einverständnis, versteht sich. Das ist missbräuchliches Bildmaterial und im Moment gibt es keinen bis kaum Schutz dagegen. Sexualisierte Bilder von Kindern können ebenfalls problemlos generiert werden. Und auch, wenn ihre Gesichter dabei nicht zu echten Menschen gehören, entsteht dadurch doch Material, das es meines Erachtens überhaupt nicht geben sollte (egal, ob echt oder nicht).


Hinzu kommt natürlich, dass es durch KI-Programme unglaublich einfach geworden ist, Fake News zu verbreiten und dadurch politisch Stimmung zu machen. Und der Flut ist kaum Einhalt zu gebieten: Selbst wenn wir alle Kanäle sperren, die mittels KI Hetzvideos verbreiten, so erstellen entsprechende Bots in Sekundenbruchteilen neue Kanäle mit neuem Content – KI macht's möglich.


Ein geeignetes Recherchetool?


Das ist auch der Grund, warum die Empfehlung, KI zur Recherche zu nutzen, mit Vorsicht zu genießen ist. Es ist inzwischen bekannt, dass beispielsweise ChatGPT auf Fragen, zu denen es in der Datenbank keine Antwort gibt, Informationen erfindet. Und wenn auf die Antworten von ChatGPT kein Verlass ist und alles noch einmal nachgeprüft werden muss, haben wir dann wirklich noch eine Zeitersparnis gegenüber herkömmlichen Recherchemethoden? Die Informationen, die KI ausspuckt, sind ebenso unreflektiert wie ihre andere Erzeugnisse. Bei einfachen Fragen mag KI ausreichen, bei komplexeren auf keinen Fall.


Natürlich werden die Programme in Zukunft besser werden. Irgendwann werden auf KI-Bildern keine überzähligen Finger mehr zu sehen sein und auch die Informationen werden besser gefiltert sein. Dennoch sollte eine gewisse menschliche Skepsis immer mit dabei sein.


Wie werden Sehgewohnheiten geprägt


Dass KI-Erzeugnisse immer mehr im Mainstream ankommen, führt noch zu einer weiteren Entwicklung: Unsere Sehgewohnheiten werden durch KI-Bilder geprägt – und womöglich mehr geprägt als durch menschgemachte Bilder, weil erstere früher oder später deutlich in der Überzahl sein werden. Das lässt natürlich einerseits wenig Raum für Neues, andererseits (und das ist viel schlimmer) reproduziert ein Programm immer auch die Stereotype, mit denen es angelernt wurde.


Dazu habe ich bereits einen Artikel verfasst: https://www.kornelia-schmid.de/post/charaktere-mit-ki-zeichnen-keine-chance-gegen-stereotype. Denn als ich versucht habe, mit Playground die Charaktere aus meinem Roman zu visualisieren, war Einiges auffällig. Frauen waren immer Anfang zwanzig (auch wenn es im Prompt anders stand), hatten nicht die Spur von Falten, vergrößerte Augen, kleine Stupsnasen, waren stark geschminkt und aufwändig frisiert. Und natürlich hatten sie auch große Brüste und werden oftmals in mehr oder weniger sexualisierten Posen gezeigt. Ist das sexistisch? Ja, definitiv! Auch Männer waren oft übertrieben schön, durften aber wenigstens älter sein und Falten haben. Dunkle Hautfarben wurden kaum dargestellt. Braune Augen aus der Vorlage wurden in blaue umgewandelt. Ist das rassistisch? Auch diesmal: ja, definitiv! Behinderungen wurden ignoriert. Ableistisch? Sicher! Wie kann aber denn ein seelenloses Programm sexistisch und rassistisch sein? Ganz einfach: Das Programm reproduziert nur das Bildmaterial, mit dem es gefüttert wurde. Offenbar wurde es mit einer Menge sexistischem Bildmaterial gefüttert und außerdem vorwiegend mit Darstellungen weißer Menschen. Und dahinter muss überhaupt keine böse Absicht stecken. Denn wenn man sich anschaut, was an zeitgenössischer Kunst in Bereich Fantasy und Science Fiction produziert wird, dann dominieren (auch im Jahr 2025!) Darstellungen, in denen Frauen (manchmal auch subtil) sexualisiert und objektiviert werden. Die KI ist da einfach nur Spiegel unserer Gesellschaft.


Was das aber bedeutet, ist, dass wir mit zunehmender Verbreitung von KI-Bildern auch eine zunehmende Verbreitung von diskriminierenden Stereotypen beobachten werden. Und bald könnte die Macht dieser Darstellung so groß werden, dass wir es unnatürlich finden, wenn schlanke Frauen keine riesigen Brüste haben. Solange KI-Programme nicht auch ganz gezielt dazu trainiert werden, nicht zu diskriminieren, werden sie genau das tun und die ganze Macht dieser Bilderflut prallt auf uns ein. Auch in dieser Hinsicht gilt also: Wir brauchen dringend eine Reglementierung, wie KI trainiert werden muss bzw. welche ethischen Richtlinien es dabei geben sollte.


Lohnt sich Kreativität noch?


Auch das ist eine Frage, die sich einige stellen werden. Können Menschen überhaupt noch motiviert sein, kreativ zu werden, wenn ein Programm auf Knopfdruck etwas Besseres ausspuckt? Und am Anfang, wenn man sich eben noch nicht zum Profi entwickelt hat, wird das passieren. Darauf habe ich auch keine Antwort, außer dass ich denke, dass das menschliche Bedürfnis, kreativ zu sein und etwas zu erschaffen nicht einfach verschwinden wird. Und vielleicht können KI-Programme dabei auch Stütze sein, indem sie beispielsweise Inspiration liefern, die dann wiederum zu neuen, eigenen Ideen führt. Was ich jedenfalls beobachten kann, ist eine neue künstlerische Gattung: Menschen erstellen humorvolle Bilder, die direkt auf die Popkultur referieren. Bekannte Figuren wie beispielsweise die Charaktere aus "Harry Potter", "Herr der Ringe" oder "Star Wars" werden in neuen Kontexten gezeigt und dadurch entsteht Komik. Diese Art, mit Bild-Generatoren zu arbeiten, würde ich definitiv als neue, bereichernde Form der Kreativität bezeichen.


Die Technologie ist da


Man muss in Bezug auf KI nicht gleich laut "Hurra!" schreien. Man muss sich aber durchaus bewusst sein, dass die Technologie da ist und nie mehr verschwinden wird. Sie wird immer mehr ein Teil unseres Alltagslebens werden und wer nicht bereit ist, sich damit konstruktiv auseinanderzusetzen wird langfristig abgehängt werden. Und KI hat auch viele positive Effekte, beispielsweise, dass durch sie viele Prozesse verschlankt werden können (im kreativen Bereich etwa die Bildbearbeitung oder die Erstellung einfacher Textgattungen wie E-Mails), sodass den Profis mehr Zeit für die wirklich kreativen, die wirklich wichtigen Dinge bleibt. Und jedes Wirtschaftsunternehmen wird das für sich nutzen bzw. tut es schon längst.


Und wenn KI doch zu gut wird?


Ganz ehrlich? Es ist mir vollkommen egal, ob eine exzellente Grafik oder ein exzellenter Roman letztlich von einer KI erstellt wurde. Auf das Ergebnis kommt es an. Und sollte es die KI schaffen, tatsächlich Material zu generieren, das die Topliste der menschlichen Erzeugnisse übertrifft, dann ist das wunderbar, denn dieses Material wird uns bereichern.


Aber realistischerweise wird das nicht passieren. Denn wie soll aus einer konzeptlosen Zusammenstückelung denn tatsächlich etwas Hochwertiges entstehen? Irgendwann wird KI akzeptable Ergebnisse liefern, die dem menschlichen Durchschnitt entsprechen. Aber ich sage es, wie es ist: Am Durchschnitt hatte ich noch nie Interesse – ob nun von Menschen gemacht oder nicht.

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