Bunt gesprüht – Farbschnitt selbst machen
- Kornelia Schmid

- 13. Aug.
- 6 Min. Lesezeit
Der Farbschnitthype dürfte kaum jemandem, der sich die letzten Jahre am Buchmarkt bewegt hat, entgangen sein. Immer mehr Bücher mit oft aufwändig gestalteten Schnittkanten ziehen in die Buchhandlungen ein. Aber wie bekommt man einen farbigen Buchschnitt ohne Druckerei?

Für Autor:innen, die im Selfpublishing kleinere Auflagen verkaufen, ist ein Farbschnitt selten wirtschaftlich. Ich hatte einmal bei einer Druckerei angefragt: Bei einer kleineren, dreistelligen Auflage hätte ein Buch mit Farbschnitt in der Produktion mehr als das Doppelte gekostet als eines ohne.
Wer das eigene Buch trotzdem in bunt anbieten möchte, hat die Möglichkeit, den Farbschnitt selbst zu gestalten. Ich erstelle bei meinen Büchern immer ein paar limitierte Exemplare mit Farbschnitt, die ich vor allem auf Messen mitnehme.
Und natürlich können auch Leser:innen, die enttäuscht sind, dass ihr Wunschbuch nicht farbenprächtig genug ist, selbst tätig werden. Grundsätzlich ist es nämlich nicht schwierig, einen Buchschnitt bunt zu gestalten.
Farbschnitte mit Airbrush gestalten
Die Airbrushpistole dürfte sicherlich die beste Wahl sein, wenn es um selbstgemachte Farbschnitte geht. Hier kann man die Farbe ziemlich flink aufsprühen und sie sieht dabei gleichmäßig aus (wenn alles gutgeht). Die Schicht ist dünn und es verklebt auch nichts.
Was ich aber gelernt habe: Die Airbrushpistole ist gar nicht mal so einfach in der Handhabung. Ich hatte keinerlei Erfahrung damit und habe einen halben Tag gebraucht, um die Pistole überhaupt richtig einzustellen und in Gang zu bringen – also so, dass vorne auch Farbe herauskommt und nicht nur Kleckerei oder gar nichts. Auch das richtige Mischungsverhältnis für die Farben musste ich erst finden (üblicherweise verwendet man sie nicht pur, sondern verdünnt).
Das sind meine Tipps:
Tipp 1: Das Buch zwischen Holzbretter klemmen. Zuerst habe ich meine Bücher in Zeitungspapier gepackt, um das Cover vor dem Farbauftrag zu schützen. Das war eine furchtbare Idee, denn das Papier hat die wässrige Farbe überhaupt erst nach Innen ins Buch gezogen, sodass oft die erste und die letzte Seite Kleckerstellen aufwiesen. Meine nächste Idee war Pappkarton, den ich einfach vor Cover und Rückseite geklemmt habe. Das hat schon besser funktioniert, war aber immer noch nicht optimal. Die Kleckerei wurde weniger, aber Pappkarton hält die Bücher einfach nicht fest genug zusammen und gerade der Umschlag steht dann manchmal doch etwas ab, sodass Farbe hineinlaufen kann. Also: Besorgt euch einfach vernünftige Holzbretter, schiebt die in einen Schraubstock und packt das Buch (oder auch mehrere Bücher, wenn sie nicht so dick sind) dazwischen. Bei der Variante mit Holz verteilt sich die Kraft des Schraubstocks gleichmäßig über die ganze Fläche und es kann nirgenwo Farbe ins Buch hineinlaufen.
Tipp 2: Verwendet wasserlösliche Farben. Wenn man nur ein Buch ansprüht und es vorsichtig herauslöst, geht das auch, ohne dass der Umschlag Farbe abbekommt. Sprüht man aber mehrere Bücher ein, klebt wahrscheinlich am Holz noch feuchte Farbe, die dann schnell mal an Stellen läuft, wo sie eigentlich nicht hinlaufen sollte. Das muss aber gar kein Problem sein. Die allermeisten Bücher haben glatte Cover, von denen man die Farbe mit einem leicht angefeuchteten Tuch gut herunterreiben kann, ohne dass Rückstände bleiben (sofern die Farbe denn wasserlöslich ist!). Bei Stoffeinbänden oder ähnlichem geht das aber natürlich nicht. Übrigens: Oft sind bei Farben Verdünner mit dabei. Ich habe einfach destilliertes Wasser verwendet und keine Nachteile festgestellt.
Tipp 3: Rührt die Farben separat an. Am Anfang habe ich meine Farben einfach in das dafür vorgesehene Behältnis an der Pistole gekippt. Das war eine doofe Idee. Sind die Farben nicht von vornherein gut durchmischt, sind Teile davon unter Umständen zu dickflüssig und verstopfen dann die Pistole. Also vorher anrühren. Übrigens: Ich weiß nicht, ob das immer so ist, aber meine Airbrushpistole tropft im unbenutzten Zustand. Ich hänge sie deshalb immer über den Farbbecher. So geht mir dann auch nichts verloren.
Tipp 4: Macht dir Farbe nicht zu dünn. Zu dick solltet ihr sie auch nicht machen, weil sie dann nicht durch die Pistole kommt. Ist sie aber zu dünn, könnt ihr sie zwar problemlos auftauchen, allerdings bringt ihr damit leicht zu viel Feuchtigkeit auf den Buchschnitt und das Papier kann sich wellen. Ich hatte bei es einmal, dass die Farbe zu blass aussah und ich öfter drübersprühen musste – das Ergebnis war nicht schön. Besser einmal vernünftig dicker sprühen und fertig.
Tipp 5: Stellt euch auf eine Sauerei ein. Ehrlich, legt einfach was unter. Oft tropft etwas irgendwo hin, wo es nicht hinsollte und am Ende ist alles vollgeschmiert.
Ich fasse die Vor- und Nachteile noch einmal zusammen:
Vorteile:
die Farbe wird in der Regel weitgehend gleichmäßig verteilt
die Seiten müssen hinterher nicht getrennt werden
man kann in einem Arbeitgang schnell mehrere Bücher einsprühen
ist die Pistole erst einmal einsatzbereit, lässt sich die Farbe sehr schnell auftragen
das Ergebnis erinnert an gedruckte Farbschnitte
Nachteile:
eine Airbrushpistole mit Kompressor ist relativ teuer (ab ca. 40 € geht es los, dazu kommen natürlich noch die Farben, etwa ein Set ab ca. 20 €, und der Schraubstock, den man ab ca. 30 € haben kann)
die Handhabung ist nicht ganz einfach (man muss die Pistole erst richtig einstellen und das richtige Mischungsverhältnis für die Farben finden)
es gibt viel Kleckerei (manchmal landet auch ein Tropfen zu viel Farbe auf dem Buchschnitt und das war es dann mit der Gleichmäßigkeit)
Ich gehe davon aus, dass die Nachteile mit zunehmender Routine in den Hintergrund rücken. Läuft die Pistole erst einmal, muss man ohnehin nichts mehr neu einstellen und auch für das Mischungsverhältnis bekommt man ein Gefühl. Ein bisschen Sauerrei ist es natürlich trotzdem, aber dafür geht das Sprühen sehr schnell.
Wer sich die Arbeit machen will, kann auch in mehreren Arbeitsgängen Schablonen mit Motiven auflegen, um den Farbschnitt dadurch hochwertiger und individueller aussehen zu lassen.
Farbschnitt mit Acrylfarbe gestalten
Nicht unüblich ist es , Farbschnitte mit Acrylfarbe aufzutragen. Dazu empfiehlt es sich, keinen Pinsel zu nehmen, sondern eine Walze, denn nur so lässt sich die Farbe wirklich gleichmäßig verteilen. Mit Pinseln habe ich schon einmal experimentiert. Und es sieht aus, wie es eben aussieht, wenn man versucht, mit Acrylfarbe eine Fläche zu pinseln. Die Farbe ist dick und formbar, d. h. sie nimmt die Pinselstruktur auf. Sie tut das umso weniger, je mehr man sie verdünnt. Allerdings besteht dann die Gefahr, dass sie zu wässrig für einen Farbschnitt wird, also in die Seiten hineinzieht oder sich diese wellen.
Ein ganz großes Minus: Die Verklebung der Seiten. Stellt euch vor, ihr habt ein 500-Seiten-Buch und ihr müsst jeder dieser Seiten von der vorherigen trennen. Da sitzt ihr eine Weile. Und wenn ihr nicht nur eines, sondern mehrere Bücher gestalten wollt, auch mehr als eine Weile.
Ich fasse die Vor- und Nachteile noch einmal zusammen:
Vorteile:
Arylfarbe ist einfacher in der Handhabung als Airbrush
ein Set Acrylfarben plus Walze ist günstiger als eine Airbrushpistole (die Rolle kostet unter 10 €, die Farben als Set ab 20 €, ein Schraubstock ist von Vorteil aber nicht so zwingend bei bei der Airbrushvariante)
die Farbe lässt sich präzise und ohne Kleckerei auftragen
Nachteile:
die Buchseiten verkleben und müssen per Hand getrennt werden
insgesamt ist der Zeitaufwand hoch
die Farbschicht ist dicker, es sieht anders aus als im Druck
die Walze lässt sich nur bei Softcover-Büchern ohne überstehende Klappenbroschur gut einsetzen (andernfalls hat sie höchstwahrscheinlich nicht die richtige Größe und es besteht die Gefahr, dass Farbe an Stellen kommt, wo sie nicht hinsoll – man müsste noch zusätzlich abkleben, was den Zeitaufwand weiter erhöht)
Farbschnitt mit Wassermalfarbe gestalten
Wassermalfarbe habe ich tatsächlich noch nicht ausprobiert. Das liegt in erster Linie daran, dass ich versucht habe, möglichst viele Bücher in kurzer Zeit zu gestalten – und weil besagtes Zeitbudget nun einmal begrenzt war, wurden die Farbschnitte auch alle einfarbig. Wassermalfarbe kann sicherlich eine Alternative sein, wenn man ein einzelnes Buch gestaltet und dabei tatsächlich Motive auf den Buchschnitt malt. Für Autor:innen dürfte sich dieser Weg weniger eignen. Für Leser:innen, die ihre Bücher veredeln möchten, aber schon.
Wichtig: Wassermalfarbe ist sehr flüssig. Wird sie zu wässrig aufgetragen, saugt das Buch womöglich zu viel davon ein und wellt sich. Auf jeden Fall sollte die Buch auch hier gut zwischen Holzbrettern in einen Schraubstock geklemmt werden.
Farbschnitt aufstempeln?
Nachdem die Mängelexemplar-Kennzeichnung gerne mal auf den Buchschnitt gestempelt wird, dürften wir davon ausgehen, dass sich auch andere Motive mit Stempeln gestalten lassen. Der offensichtliche Nachteil ist natürlich, dass man keine Farbgrundierung hat und das Buch am Ende deshalb weniger edel aussieht. Vielleicht funktioniert diese Methode aber in Kombination mit einer Airbrush-Grundierung ganz gut: erst gleichmäßig Farbe auftragen, dann Motive stempeln. Das geht vermutlich auch einfacher als mit Schablonen, bei denen ein weiterer Sprühvorgang benötigt wird.
Folienschnitt statt Farbschnitt?
Es gibt spezielle Folien, die sich auf den Buchschnitt auftragen lassen. Druckereien bieten diese Veredelung oft an, wenn es um metallische Effekte geht. Ich habe es aber auch schon gesehen, dass solche Folien manuell aufgetragen werden. Wenn es darum geht, einen Farbschnitt selber zu machen, ist also auch sicherlich das eine Option, mit der ich persönlich aber keine Erfahrung habe.




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