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Sofort alles hinschmeißen. Oder: Wie geht man mit Verlagsabsagen um?

Es gibt sicher keine noch so erfolgreiche Autor:in, die nicht schon einmal eine Absage für eines ihrer Projekte erhalten hat. Denn das gehört dazu. Häufen sich allerdings die Absagen, kann das bei Schreibenden schnell zu Frust führen. In diesem Artikel erkläre ich, wie man Verlagsabsagen am besten einordnet.


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Das Bild auf dem Banner hätte "Das Licht aus dem Nebel" sein können, wäre der Roman in einer früheren Fassung veröffentlicht worden. Ihr seht das Buch mit einem meiner Selfmade-Cover und natürlich unter anderem Titel. Abgesehen vom Kern des Figurenpersonals hat das Manuskript von damals aber nicht mehr viel mit der heutigen, veröffentlichten Fassung gemein. Dass der Roman so nicht veröffentlicht wurde, lag an den Absagen, die ich damals bekommen habe. Diese Absagen waren für meinen Werdegang extrem wichtig.


Die Reaktion auf Verlagsabsagen


Aber nochmal von vorne: Erhält eine Autor:in am Anfang ihres Veröffentlichungsweges eine Verlagsabsage, wird sie höchstwahrscheinlich enttäuscht sein und sich vermutlich auch die Frage stellen, ob ihr Text vielleicht einfach nicht gut genug ist. Nimmt der Frust überhand, wird sie vielleicht auch die Idee haben, alles hinzuschmeißen. Alle, die sich in einer solchen Situation befinden, sollten aber wissen: Es ist normal, dass es nicht im ersten Anlauf klappt – und vermutlich auch nicht im zweiten. Denn Schreiben ist ein Handwerk, das man nun einmal erlenen muss. Und das braucht Zeit.


Idealerweise kommt aber irgendwann der Punkt, an dem man das Handwerk beherrscht, und die Veröffentlichung guten Gewissens anpacken kann. Die Frage ist: Wie erkennt man, dass man an diesem Punkt angelangt ist? Indem die Absagen durch Zusagen ersetzt werden? Ja, das ist eine Möglichkeit. Es besteht allerdings auch die Möglichkeit, dass die Absagen einfach nur Pech sind und gar nichts darüber aussagen, ob ein Text veröffentlichungsreif ist oder nicht. Zur Verdeutlichung erzähle ich im Folgenden meine Geschichte.


Die Veröffentlichung meines Debütromans


Es muss im Jahr 2013 gewesen sein, als ich einen ersten Versuch unternommen habe, mein Manuskript von "Das Licht aus dem Nebel" (damals noch unter anderem Titel) Literaturagenturen anzubieten. Ich bekam ausnahmslos Absagen. Ich nahm das als Ansporn, noch besser zu werden. Doch auch die radikal überarbeitete Version stieß auf keinerlei Interesse und bescherte mit nur Standardabsagen. Noch einmal habe ich die Geschichte komplett neu aufgesetzt und diesmal war ich mir sicher: Das ist jetzt wirklich gut. Es war inzwischen 2019. Ich habe den Text erneut an Agenturen geschickt und diesmal war etwas anders als die Male davor: In zwei Fällen habe ich begründete Absagen erhalten. Beide sagten ungefähr dasselbe aus: Der Roman sei zwar gut, entspräche aber überhaupt nicht dem aktuellen Fantasytrend und habe deshalb keinerlei Chancen bei Großverlagen. Die Agent:innen hatten sicher recht: Die Blüte von "Game of Thrones" war vorbei, ab jetzt war Romantasy angesagt, nahezu ausschließlich. Epische High Fantasy für Erwachsene, mehrbändig, von einer Debütautorin? Keine Chance. Meine Trilogie fand dann schließlich eine Heimat bei einem Kleinverlag.


Heute bin ich froh, dass die Versionen aus meiner ersten und zweiten Runde nicht veröffentlicht wurden. Denn über dem, was ich damals geschrieben habe, würde ich inzwischen meinen Namen nicht mehr stehen sehen wollen. Die Absagen der ersten beiden Runden WAREN ein Qualitätsurteil, was meinen Text betraf. Die aus der dritten Runde waren es nicht. Das war einfach Pech.


So viel zu meinem Debütroman. Aber ich schreibe ja auch noch Kurzgeschichten. Und da habe ich ebenfalls viel übers Veröffentlichen gelernt.


Meine Erfahrungen mit Kurzgeschichtenwettbewerben


Mitte 2015 fing ich an, mich für Kurzgeschichtenwettbewerbe und Anthologieausschreibungen zu interessieren. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich in meinem Schreiben sehr weiterentwickelt, hatte unter anderem einen Kurs an der Uni belegt und ein Stipendium bei der Bayerischen Akademie des Schreibens erhalten. Ich reichte also für eine Ausschreibung ein – und schaffte es auch sofort ins Buch. Das hat mich darin bestätigt, dass ich durchaus veröffentlichungsreif schreibe.


Allerdings kam schnell die Ernüchterung: Bei meinem zweiten Versuch wurde ich nicht genommen. Auch nicht beim dritten oder vierten. Beim fünften gab es wieder einen Treffer. Dann wieder Absagen. Innerhalb von zwei Jahren stellte ich fest, dass meine Geschichten immer wieder von verschiedenen Verlagen bzw. Herausgeber:innen in die Endauswahl aufgenommen werden. Aber meine Absagequote war deutlich höher als die Zahl der Zusagen. Und woran das lag, konnte ich mir erst einmal nicht erklären.


Doch schließlich verstand ich es: Ich hatte einen Denkfehler begangen. Ich habe lange geglaubt, dass die textliche Qualität des Hauptkriterium sei, um veröffentlicht zu werden. Natürlich ist die textliche Qualität nicht ganz unwichtig, aber tatsächlich gibt es noch eine Reihe anderer Kriterien, die auch beispielsweise etwas mit Trends zu tun haben. Was mir in Bezug auf die Kurzgeschichtenausschreibungen klar wurde: Es ist sinnlos, sich mit literarischen Geschichten bei Genreverlagen zu bewerben. Genreverlage suchen originelle Stoffe, die aber gleichzeitig auch zu den Erwartungen der Zielgruppe passen.


Als ich das begriffen hatte habe ich begonnen, eine andere Art von Geschichten zu schreiben. Ich habe gezielt ungewöhnliche Interpretationen des jeweiligen Themas gewählt oder auch Settings bedient, die sonst niemand wählt. Was soll ich sagen: Meine Zusagequote hat sich dramatisch gesteigert: Ich bin von meinen anfänglichen 25 % auf 85 % gerutscht. (Mehr dazu, wie man erfolgreich in Anthologien veröffentlicht, könnt ihr übrigens auch hier lesen: https://www.kornelia-schmid.de/post/wie-man-erfolgreich-in-wettbewerbs-anthologien-veroeffentlicht.)


Nun sind 85 aber keine 100. Ja, es kamen immer noch Absagen – weil subjektive Geschmäcker eben auch immer eine Rolle spielen, mal mehr, mal weniger.


Wie ordnet man Absagen ein?


Meine Erfahrungen sollen zeigen, dass es zwei Arten von Absagen gibt. Je nach Art muss der Umgang damit ein anderer sein. Die Krux dabei ist natürlich, dass man in der Regel nicht weiß, welche Art von Absage man nun vor sich liegen hat. Denn normalerweise werden keine Begründungen, sondern nur Standardtexte versandt. Erhält man eine Begründung, ist das übrigens schon gut! Damit sich jemand die Mühe macht, eine solche zu verfassen, muss der Text schon irgendetwas ausgelöst haben.


Fragen, die man sich in jedem Fall stellen kann:


Schreibe ich in einer speziellen Nische? Ja: Dann liegt vielleicht hier der Grund, das Thema ist einfach zu speziell. Nein: Womöglich war es die Textqualität.


Bediene ich einen aktuellen Trend? Ja: Werde ich trotz totalem Trendthema nicht genommen, kann es fast nur an der Textqualität liegen. Nein: Vielleicht war die Bewerbung einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.


Ist mein Plot austauschbar? Ja: Womöglich war der Text nicht originell genug (auch im Rahmen von Trends ist eine gewisse Originalität bei Verlagen gefragt). Nein: Vielleicht ist der Plot auch zu abgedreht oder es lag eben doch an der Textqualität.


Habe ich schon einmal positives (professionelles!) Textfeedback bekommen, z. B. von seriösen Lektor:innen oder Schreibcoaches (Freunde, Familie und Testleser:innen zählen nicht)? Ja: Wenn ich weiß, ich kann schreiben, lag es höchstwahrscheinlich nicht an der Textqualität. Nein: Womöglich ist mein Blick auf den eigenen Text nicht kritisch genug und es gibt hier noch Baustellen.


Habe ich schon bei anderen (seriösen!) Verlagen erfolgreich veröffentlicht? Ja: Dann kann ich veröffentlichungsreif schreiben, sofern dieser Text kein Ausrutscher war, liegt es nicht an der Qualität. Nein: Vielleicht ist der Text einfach noch nicht veröffentlichungsreif.


Ihr seht, Absagen haben ganz oft auch etwas mit der Vermarktbarkeit des jeweiligen Themas oder Genres zu tun. Man hört beispielsweise, dass Romantasy mit gleichgeschlechtlichen Paaren schlechter läuft als solche mit Hetero-Beziehungen. Oder das Mittelaltersettings im Fantasybereich immer noch mehr gefragt sind als beispielsweise Entwürfe mit Antike-Vibes. Schreibt ihr einen genialen Römerroman, sagt die Großverlagslektor:in am Ende vielleicht trotzdem: "Nein, unsere Leser:innen haben keinen Bock auf Latein in ihrer Freizeit." Eine weitere Frage, die man sich deswegen stellen kann, die aber schon sehr viel Hintergrundwissen erfordert:


Ist mein Roman gut vermarktbar? Ja: Dann lag es definitiv an der Textqualität. Nein: Dann ist das definitiv der Grund.


Trotz Absagen veröffentlichen?


Hat man herausgefunden, dass es wahrscheinlich an der Textqualität liegt, sind die nächsten Schritte denkbar einfach: weiterüben, schreiben, lesen, schreiben, Ratgeber lesen, schreiben, Schreibkurse besuchen, schreiben.


Was ist aber, wenn der Text eigentlich gut ist und es trotzdem Absagen hagelt? Was ihr aus diesen Absagen mitnehmen könnt: Vermutlich werdet ihr es mit dem Roman auf dem Markt schwer haben, weil die Zielgruppe eher klein ist. Das muss aber nicht heißen, dass es nicht sinnvoll wäre zu veröffentlichen. Auch eine kleine Zielgruppe IST eine Zielgruppe. Veröffentlicht man im Selfpubslihing, muss man auch gar nicht zigtausende Mainstream-Leser:innen erreichen. Weil Autor:innen im Selfpublishing mehr an Buchverkäufen verdienen, kann es sich auch lohnen, sich auf eben jenes Nischenpublikum zu spezialisieren, das sonst niemand bedient. Klar, die Schwierigkeit ist sicherlich, das dann auch zu erreichen – aber Marketing ist wieder ein anderes Thema.


Wichtig ist auf jeden Fall: Lasst euch von Absagen nicht herunterziehen. Egal, ob sie bedeuten, dass die Zielgruppe nur klein ist oder ob sie aussagen, dass ihr noch an eurem Text arbeiten müsst – nichts davon heißt, dass ihr es nicht schaffen könnt. Keinen Mainstream geschrieben? So what? Dann geht's eben zu Kleinverlagen oder ins Selfpublishing. Text noch nicht gut genug? Dann eben nochmal ran, bis er es ist. Erfolgreich zu Veröffentlichen ist nicht unerreichbar, solange ihr gleichzeitig selbstkritisch, optimistisch und ausdauernd seid. Deswegen: Krönchen richten und weitermachen.

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