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Und dann ist die Geschichte aus – Enden schreiben

Autorenbild: Kornelia SchmidKornelia Schmid

Wie schreibt man eigentlich ein gutes Ende? Damit Leser:innen mit einem Ende zufrieden sind, muss es nicht immer ein Happy End sein. Auch tragische Enden können, wenn sie zur Geschichte passen, genau den richtigen Effekt erzielen. Heikler sind sie aber trotzdem. Hier beschreibe ich, welche Möglichenkeiten Autor:innen haben – und was sie auf gar keinen Fall tun sollten.


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Ende gut – alles gut? Nun, sicher nicht alles. Der Anfang sollte schon auch gut sein. Und der Mittelteil. Aber ein gutes Ende sorgt dafür, dass ein Text positiv in Erinnerung bleibt und Leser:innen Lust auf andere Geschichten einer Autor:in bekommen und, falls es denn einen gibt, den Folgeband kaufen.


Happy Ends


Sind Happy Ends die besten Enden? Sie sind zumindest die, die am einfachsten zu schreiben sind. In den meisten Fällen erwarten bzw. erhoffen sich die Leser:innen ein Happy End und sind zufrieden, wenn sie es bekommen. Das heißt nicht, dass ein Happy End immer die richtige Wahl ist – manchmal aber doch.


Haben sich die Figuren weiterentwickelt, ihre Fehler wiedergutgemacht und sind jetzt gestärkt für die Zukunft, wäre es seltsam, würden sie dafür bestraft werden. Da ist es nur richtig, dass sie für ihre Mühen auch belohnt werden – das erhoffen wir uns schließlich im realen Leben ebenfalls (obwohl es da natürlich nicht so einfach ist wie in der Fiktion).


Man kann also sagen: Positive Entwicklungen bedingen auch positive Enden. Gerade wenn ein Text zwischen Gut und Böse differenziert, sollte das Gute am Ende gewinnen dürfen.


Tragische Enden


Manche Geschichten wären durch ein Happy End ruiniert. Würde sich heute noch jemand an "Romeo und Julia" erinnern, wenn die einfach geheiratet hätten und glücklich geworden wären? Würde "Das Nibelungenlied" noch eine solche Faszination ausüben ohne das dramatische Sterben wirklich aller Figuren am Schluss?


Was wir an dieser Stelle auf jeden Fall schon einmal festhalten können: Tragische Enden wühlen in der Regel viel mehr auf als Happy Ends. Sie sorgen für stärkere Emotionen bei Lesenden und bleiben deshalb mehr im Gedächtnis.


Auf der anderen Seite: Sind die Emotionen der Leser:innen wirklich etwas, das Autor:innen in die Höhe zerren sollten, wenn es um negatives Erleben wie Trauer und Wut geht? Ich sage ja. Denn auch Geschichten vom Scheitern verdienen es, erzählt zu werden und prägen sich ein. Und das durchaus auf positive Weise.


Ein Ende mit Schrecken ist bekanntermaßen immer besser als ein Schrecken ohne Ende. Damit eine Geschichte mit einem tragischen Ende funktioniert, muss sie deswegen eine ebenso tragische Ausgangsposition haben. Autor:innen werden sich bei Leser:innen nicht beliebt machen, wenn sie von einer heilen Welt erzählen und diese dann zerstören.


Denn was wir auch wissen: Zerrstörung macht immer auch Platz für Neues – für Besseres. Und das ist das Positive an gelungenen tragischen Enden: Sie schaffen Hoffnung. Am Ende ist zwar alles zerstört, aber gleichzeitig wurde auch ein Nährboden geschaffen, auf dem Besseres gedeihen kann. Die Welt war von Anfang an nicht heil. Aber jetzt kann sie es sein. Und plötzlich ist alles nur noch halb so schlimm, nicht wahr?


Soll heißen: Auch das Unglück braucht einen Lichtblick. Wenn es eure Geschichte erfordert, dass am Ende alle sterben, dann tobt euch ruhig aus. Aber vielleicht lasst ihr zumindest das kleine Baby am Leben, das nun eine neue Zukunft vor sich hat.


Offene Enden


Vorweg: Ein offenes Ende ist immer noch ein Ende. Einfach mitten in der Geschichte aufhören und es dann "offenes Ende" zu nennen, wird nicht funktionieren. Der Hauptkonflikt des Romans muss in irgendeiner Art und Weise aufgelöst werden – das geht aber auch, ohne alles vollständig auszuerzählen.


Aber nochmal von vorne: Jede Geschichte hat einen zentralen Konflikt, der im besten Fall direkt am Anfang klar wird. Mehr zu guten Anfängen findet ihr übrigens hier: https://www.kornelia-schmid.de/post/tipps-fuer-romananfaenge. Im Verlauf arbeitet der Text an der Lösung dieses Konfliktes. Dazwischen gibt es oft auch noch kleinere Konflikte. Die werden manchmal schon weit vor dem Romanende gelöst, manchmal auch gar nicht. Beides ist in Ordnung. Bevor man sich also Gedanken macht, welches Ende man schreibt, muss man wissen, welchen Konflikt man behandelt. Nun, das ist nicht nur für das Ende wichtig, sondern überhaupt Voraussetzung, einen Text zu schaffen, der irgendeine Konsistenz besitzt. Aber trotzdem sei es an dieser Stelle noch einmal gesagt.


Und dann? Wie erzähle ich den Konflikt aus, ohne ihn auszuerzählen? Indem ich ein Ende andeute. Oder mehrere. Ein offenes Ende bedeutet, den Rezipient:innen einen Interpretationsspielraum einzuräumen. Meistens wird dabei jedoch durchaus ein bestimmtes Interpretationsangebot gemacht. Leser:innen haben aber die Wahl, es entweder anzunehmen oder in eine andere Richtung zu gehen.


Wie wäre es beispielsweise, wenn die Protagonist:in am Ende einen Tagebucheintrag verfasst und dann klappt sie das Ding zu und lächelt? Leser:innen erfahren nicht, was darin steht. Aber die Tagebuchthematik kam im Text schon ein paarmal vor und die Leser:innen wissen durchaus, was in diesen Kontexten aufgeschrieben wurde. Deswegen können sie sich erschließen, was es diesmal ist. Nur sicher wissen sie es eben nicht.


Ein wahrscheinliches Ende, ohne absolute Gewissheit. Ein Ausblick. Ein Leerraum. Ein gutes offenes Ende ist eine Einladung. Und wer es schafft, diese wirkungsvoll auszusprechen, hat durchaus ein Stückchen Kunst vollbracht.


No-Go-Enden: Es war alles nur ein Traum


Schonmal etwas vom Pakt mit dem Leser gehört? Nein? Dieses Prinzip besagt, dass Autor:innen ihren Leser:innen etwas versprechen, beispielsweise, ihnen eine ernstzunehmende Geschichte zu erzählen. Und ich würde euch raten, das ebenfalls ernstzunehmen. Ihr könnt nicht auf ein Buch "Krimi" kleben und dann keinen Krimi reintun. Ihr könnt nicht sagen, ihr schildert eine Geschichte und dann stellt sich heraus, dass es gar keine ist.


In meinen Augen gibt es neben Enden, die eigentlich gar keine sind, nur eine Kategorie, die wirklich schlecht ist: Enden, die die Leser:innen schlicht verarschen. Niemand greift zu einem Buch, um von ihm für dumm verkauft zu werden. Das ist nicht das Versprechen, das wir Autor:innen geben.


Ein gutes Ende darf nicht alles rückgängig machen, was in der Geschichte erreicht wurde. Deswegen ist die Auflösung "Es war alles nicht real" in der Regel eine katastrophale Art, eine Erzählung zu beenden. Denn wenn nichts von dem Geschilderten passiert ist, nicht einmal innerhalb des Textes, was soll der ganze Quatsch dann eigentlich?


Insofern: Finger weg davon! Eure Leser:innen werden euer Buch erbost in die Tonne werfen, wenn ihr sie nicht ernst nehmt.


Warum in meinem Roman die Welt zerstört wird und warum das dennoch nur halb so tragisch ist


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Okay, ich gebe es zu: Ein richtiges Happy End hat "Das Licht hinter dem Wind" nicht. Aber in meinen Augen ist es auch kein richtig tragisches Ende. Manche Figuren scheitern furchtbar (die haben es aber auch verdient) und andere Charaktere haben nun endlich alle Möglichkeiten (und werden diese hoffentlich auch nutzen).


Was ist der Konflikt der Romanreihe? Der Konflikt ist das kompromisslose Machtstreben der Figuren, das umso zerstörerischer ist, weil es sie für eine größere Bedrohung blind macht. Meine Charaktere sind nicht unbedingt die Guten, deswegen kann ich sie natürlich nicht gewinnen lassen! Warum nicht, lest ihr übrigens hier: https://www.kornelia-schmid.de/post/was-sagt-ein-text-aus-oder-wie-geht-man-mit-unmoralischen-figuren-um. Und wenn niemand bereit ist, die größere Bedrohung aufuihalten, muss sie am Ende auch ausbrechen. Logisch, oder?


Ich werde jetzt natürlich nicht das Ende der Buchreihe spoilern. Aber wenn alles nur noch kaputt ist, hat da auch niemand Bock drauf (nicht einmal ich). Deswegen gibt es auch Hoffnung. Und die liegt in einer neuen Generation von Charakteren, die gewillt ist, die Dinge besser zu machen. Und das ist doch sehr positiv und happy, oder?

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